25 Kinder und Jugendliche haben den kolumbianischen Staat wegen der Abholzung des Regenwaldes verklagt. Die Zerstörung der Natur, argumentierten die Jugendlichen, beeinträchtige ihr Recht auf Leben und Gesundheit durch den Treibhauseffekt. Der Oberste Gerichtshof Kolumbiens hat ihnen letzte Woche – überraschend – Recht gegeben.
Es war ein historisches Urteil: Im ersten Umweltfall gegen einen lateinamerikanischen Staat wurde die Amazonasregion als eine juristische Person anerkannt. Wer jetzt Schaden anrichtet, muss zukünftig mit Bestrafungen rechnen.
DIE LANDWIRTSCHAFT FRISST DEN REGENWALD AUF
Das Amazonasbecken ist der Schauplatz zahlloser Umweltsünden durch den Menschen. Jedes Jahr dehnen sich die landwirtschaftlichen Flächen für Plantagen und Viehhaltung etwas weiter auf den Wald aus. Der Amazonas wird durch illegale Goldminen vergiftet, zusätzlich dringen legale Bergbau- und Ölprojekte weiter in den Regenwald vor. Außerdem konzentriert sich ein signifikanter Anteil der weltweiten Kokainproduktion in der Region. Das Amazonasbecken umfasst sieben Millionen Quadratkilometer in den Territorien von acht Ländern. Ein Großteil ist unzugänglich – nur mit dem Boot oder Helikopter zu erreichen. Es gibt kaum Straßen. Hier leben indigene Völker, die wenig Kontakt mit dem Rest der Welt haben. Etwa ein Zehntel aller bekannten Tier- und Pflanzenarten stammt aus dem Einzugsgebiet des Flusses.

DIE ABHOLZUNG SOLL BIS 2020 VOLLSTÄNDIG GESTOPPT WERDEN
Das Gericht forderte den kolumbianischen Staat auf, bis September dieses Jahres einen Aktionsplan vorzulegen, um die Entwaldung bis 2020 vollständig einzustellen. Das ist auch das Ziel, dem Kolumbien auf dem Pariser Klimagipfel 2015 zugestimmt hat.
Kolumbien ist eines der am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen Länder. Die Erhaltung der verbleibenden Waldfläche, der grünen Lunge des Planeten Erde, wird als entscheidend für den Kampf gegen die Erderwärmung angesehen. Doch die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, betonte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung. Im Gegenteil: In den letzten Jahren hat sich die Entwaldung weiter beschleunigt.

OHNE DEN REGENWALD WÄRE DER KAMPF VERLOREN
Experten gehen davon aus, dass die Abholzungsflächen 2017 erneut größer waren als in den Vorjahren. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass es keine ausreichenden Studien über das Ausmaß der Entwaldung gibt, Umweltzerstörung nicht bestraft werden würde und selbst in den Nationalparks illegal Holz gefällt wird.
„Die Rechnung ist einfach: Wenn wir den Amazonas-Regenwald nicht beschützen können, werden wir den Kampf gegen den Klimawandel verlieren. Der Regenwald im Amazonas ist eines der größten Kohlenstoffreserven der Welt. Wenn die Bäume abgeholzt werden, werden Millionen von Tonnen Kohlenstoff freigesetzt – was den Klimawandel unglaublich beschleunigen würde. „
Analiz Vergara, WWF Kolumbien
KOLUMBIEN: GUTES VORBILD FÜR DIE NACHBARN
In den vergangenen 50 Jahren wurden rund 17 Prozent der gesamten Regenwaldfläche des Amazonasbeckens abgeholzt. Kolumbien macht nur etwa sieben Prozent der gesamten Amazonasfläche aus. Auf die anderen Länder hat das Urteil des Obersten Gerichtshofes jedoch bislang keine Wirkung. In Ecuador beispielsweise plant die Regierung derzeit, große Teile des Waldes für Öl und Bergbau freizugeben. In Brasilien ist die Situation noch dramatischer: Nachdem die Entwaldung bis 2012 stark zurückgegangen war, kehrte sich der Trend ab 2013 wieder um. Im Jahr 2016 wurden rund 8.000 Quadratkilometer Regenwald zerstört und die Abholzung um 30 Prozent erhöht. Seit des Amtsantritts von Präsident Michel Temer Mitte 2016 wurden mehrere Schutzgebiete drastisch verkleinert und die Umweltausgaben des Landes halbiert. Jetzt sollte auch das Verbot der Rodung von Regenwald für Zuckerrohrplantagen fallen gelassen werden.

DER WEG ZUR RETTUNG DES REGENWALDES IST NOCH UNGLAUBLICH WEIT
Auch in Kolumbien wird es nicht einfach sein, die Forderung des Gerichts umzusetzen. Das Land hat bis vor kurzem noch bewaffnete Konflikte mit den FARC-Rebellen ausgetragen. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs könnte zur richtigen Zeit kommen: Es verpflichtet den Staat nicht nur zu strengeren Sanktionen, sondern auch zu pädagogischen Maßnahmen zur Verhinderung von Umweltzerstörung. Denn auch das war eine der Forderungen der 25 Kinder und Jugendlichen in der Anklageschrift: „Wir sind diejenigen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein werden“, schrieben die Kinder und Jugendlichen, „aber auch diejenigen, die den geringsten Einfluss haben.“ Jetzt haben Sie die Möglichkeit, aktiv über ihre Zukunft zu entscheiden: die Zeit drängt.

Ja es kann nicht mehr so weiter gehen,wir brauchen unseren Regenwald, die größte Lunge der Erde
Gefällt mirGefällt mir